Menschen wie Brot

Impuls zu Joh 6,24-35

Brot teilen (c) Bild: Markus Weinländer In: Pfarrbriefservice.de
Von:
Beatrix Hillermann

Da hatten die Menschen erlebt, dass dieser Rabbi nicht nur gut reden konnte, sondern sie waren alle, gegen jede Erwartung, in seiner Gegenwart satt geworden, richtig körperlich satt. So erzählt es die Bibel nur wenige Zeilen vor unserem heutigen Text in der Geschichte der wunderbaren Brotvermehrung.

Diesen Mann wollten die Menschen sich warmhalten. Sie suchten ihn und dann die fast vorwurfsvolle Frage „Wann bist du hierhergekommen?“ Jesus durchschaut ihren Wunsch „ihr sucht mich, weil ihr satt geworden seid“.  Das heiß allerdings nicht, dass Jesus den Wunsch nach Brot, nach sattwerden missachtet. Ganz im Gegenteil, an unterschiedlichen Stellen des Evangeliums macht er deutlich, wie wichtig es ist mit den Hungernden sein Brot zu teilen. Häufig wird von ihm als Gast bei großen Festgelagen berichtet und das Gastmahl wird als Bild für ewiges Leben bei Gott benutzt. Auch in dem Text aus der Hebräischen Bibel, den wir eben gehört haben, wird deutlich gemacht, Gott ist jemand, der nicht will, dass seine Menschen hungern.

Also bei aller Wertschätzung von ganz leiblichem Essen, will unser Text heute durch den Gegensatz „Speise, die verdirbt“ und „Speise, die für das ewige Leben bleibt“ etwas deutlich machen. Brot ist für uns Christen ein zentrales Bild. Im Brot, so sagen wir, wird Jesus selbst in unserer Mitte lebendig. Was das heißen kann, ist mir vor einigen Jahren bei meiner Arbeit in Alsdorf, in dem Ort, in dem ich wohne, deutlich geworden. Ich kam zu einem Trauergespräch, eine Tochter, etwas jünger als ich, deren alte Mutter gestorben war, war die Angehörige. Die beiden, Mutter und Tochter hatten ihr Leben lang eng zusammengelebt und die Tochter war sehr traurig über den Tod der Mutter. Sie erzählte mir unterschiedliche Begebenheiten aus dem Leben der Mutter, wie sehr sie immer wieder von der Mutter unterstützt worden war und wie die Mutter in Nachbarschaft und Freundeskreis Gutes getan hatte. Irgendwann sagte sie, meine Mutter war gut wie ein Stück Brot. Meine Mutter war gut wie ein Stück Brot. – Was für ein schöner Satz. Ein Stück Brot ist nahrhaft und schenkt so Leben, im wörtlichen Sinne, aber eben auch im übertragenen Sinne. Die Mutter mit ihrer Hilfsbereitschaft, mit ihrem Blick auf die Tochter, auf die anderen, die Mutter hatte Leben ermöglicht.

Für mich hat Jesus auch genau das getan, er hat Leben ermöglicht. Durch sein Leben, was er uns vorgelebt hat, ermöglicht er bis heute Leben. Was heißt das konkret? An vielen Stellen in der Bibel können wir Herauslesen, was Leben ermöglichen heißt:

  • Es heißt so teilen, dass alle das zum Leben notwendige haben. Das wird hier in St. Vitus an unterschiedlichen Stellen versucht: in der ehrenamtlichen Hausaufgabenhilfe, im neuen Lädchen an der Citykirche, in der offenen Jugendarbeit, in der oft benachteiligte Jugendliche besonders gefördert werden, in der Arbeit für Geflüchtete und nicht zuletzt im TAK und vermutlich noch an vielen anderen Stellen in unseren Gemeinden.
  • Leben ermöglichen heißt immer wieder versuchen im Frieden miteinander zu leben, Unterschiedlichkeiten kennenzulernen, sie zu besprechen, jedem Raum zum Leben geben in aller Unterschiedlichkeit. Hier in Mönchengladbach wird intensiv am Dialog der Religionen gearbeitet. Religion nicht als Abgrenzung und Unterscheidung zu sehen, sondern als Möglichkeit in Kontakt zu kommen. Zahlreiche Initiativen wenden sich gegen den starken Rechtsruck in der Gesellschaft, verteidigen den Wert der Demokratie, die auf Ausgleich und Teilhabe von allen setzt und nicht auf Herrschaft einer Volksgruppe über andere.
  • Leben ermöglichen heißt Menschen, die von Tod betroffen sind Halt und Stärkung anzubieten wie in der Notfallseelsorge oder hier bei uns in den unterschiedlichen Angeboten der Trauerseelsorge.
  • Es gibt sicher noch viele andere Möglichkeiten im Sinne Jesu Leben zu ermöglichen. Für mich heißt es vor allem auch immer wieder in der Hoffnung zu bleiben, sich nicht von Schwarzmalerei und Weltuntergangsstimmung anstecken zu lassen. Ich halte es für mehr als wichtig, sich für den Erhalt unserer Schöpfung, für Gerechtigkeit und Frieden politisch einzusetzen. Die Verbindung mit diesem Jesus Christus, der auch in der größten Hoffnungslosigkeit, im Tod, dennoch Hoffnung gebracht hat, kann dafür eine starke Lebensgrundlage und Hilfe sein. Das ergreifende Lied von Dietrich Bonhoeffer „Von guten Mächten wunderbar geborgen“, das er in der Todeszelle geschrieben hat, zeugt für mich von dieser einzigartigen Hoffnung, dass Leben auch in der Sinnlosigkeit des gewaltvollen Todes noch tiefen Sinn hat. Von der Hoffnung erzählen sollten unsere unterschiedlichen Liturgien, an den Sonntagen, zu Beerdigungen, zu Lebenswendefesten. Von der Hoffnung, dass Leben Sinn macht, dass wir immer wieder zum Brot werden können für diese Welt, wenn wir uns mit dem Brot des Lebens mit Jesus Christus verbinden lassen und uns von seinem Leben inspirieren lassen. „ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nicht mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.“

Beatrix Hillermann