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Impuls zu Joh 21, 1-19 und Apg 5,27-31:Ostern mit in den Alltag nehmen

Love Speech statt Hate Speech

Der reiche Fischfang des Petrus! Haben wir diese Erzählung im Zusammenhang mit der Berufung der ersten Jünger nicht schon vor einigen Wochen gehört? 

Von:
Regina Gutt

Impuls zu Joh 21, 1-19 und Apg 5,27-31

Der reiche Fischfang des Petrus! Haben wir diese Erzählung im Zusammenhang mit der Berufung der ersten Jünger nicht schon vor einigen Wochen gehört? 

Johannes erzählt diese Geschichte mit einer ganz anderen Absicht. Er will seiner Gemeinde und auch uns zeigen, wie wir Ostererfahrungen auch im Alltag machen können, oder anders gesagt: wie wir dem Auferstandenen gerade auch in Alltagssituationen erkennen können. 

Nach dem Tod Jesu wollen die trauernden Jünger wieder zu ihren alten Berufen ihres früheren Lebens vor der Begegnung mit Jesus zurückkehren. Gerade nach einer Verlust-oder Trauererfahrung ist die Rückkehr in die Normalität eine Hilfe, um dem Alltag wieder Struktur zu geben. Petrus ergreift die Initiative und fährt in der Nacht nach alter Gewohnheit zum Fischen hinaus, die übrigen sechs Jünger folgen ihm. Obwohl Petrus ein erfahrener Fischer ist, fängt er in dieser Nacht nichts. Vielleicht ist er noch zu sehr in seiner Trauer gefangen oder handelt aus reiner Gewohnheit, ohne mit dem Herzen bei der Sache zu sein. so bleibt sein Unterfangen ergebnislos. Das Besondere ist, der lässt sich von dem Fremden am Ufer, den er nicht als seinen Meister erkennt, anregen, es noch einmal von einer anderen Seite, von der rechten Seite her, zu versuchen. Er ist also bereit, sich neu zu sortieren und gegen seine alte Gewohnheit zu handeln. Er trägt eine bewusste Entscheidung, die seine Veränderung anzeigt und zum Erfolg führt.  Sicher kennen Sie eine ähnliche Erfahrung. Sie möchten etwas schaffen, ober trotz aller Versuche will Ihnen Ihr Vorhaben einfach nicht gelingen. Gehen Sie aber z.B. nach einem guten Einfall oder auf Anregung eines vertrauten Menschen von einer anderen Seite an das Problem heran, haben Sie Erfolg.

Die Geschichte geht noch tiefer. Nach dem reichen Fischfang erkennt Johannes, der Lieblingsjünger, den Auferstandenen in der Person des Fremdes am Ufer. „Es ist der Herr“. Es sind die Augen der Liebe, die zu dieser Erkenntnis führen. Hier zeigt sich die tiefgehende Erfahrung: „Alles Wirkliche im Leben ist Begegnung“, wie es der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber sagt. An dem reichen Fischfang und dem anschließenden Mahl verstehen die Jünger, dass es sich bei dem Fremden um den Auferstandenen handelt. Dass sie ihn nicht sofort auf Anhieb erkennen, liegt daran, dass er ihnen nicht in der Gestalt begegnet, wie sie ihn als historischen Jesus gekannt haben, als sie mit ihm unterwegs waren. Sie erkennen ihn an den Zeichen seiner Gegenwart. Sie erinnern sich an den reichen Fischfang, an das Brotbrechen und das gemeinsame Mahl. Dadurch verstehen sie, dass ihr Leben in der Gemeinschaft und in den Zeichen seiner Gegenwart weiter geht. Sie begreifen, dass sie jetzt in seine Nachfolge berufen sind und seine Botschaft weitergeben müssen. Darauf spielt die Zahl von 153 Fischen an, sie ist ein Symbol für die Vielfalt der Menschen, die alle in der Gemeinschaft ihren verschiedenen Platz haben. Diese Erfahrung fügt der Evangelist wie Bilder eines Traumes zusammen: der Auferstandene ist da, aber anders, nicht so, dass wir ihn mit den Händen festhalten können, ähnlich wie bei Maria Magdalena im Garten. oder bei den Emmaussjüngern. Er ist aber dennoch real, mitten im Leben.

Auch uns heute sagt das Evangelium, dass wir mitten im Alltag Auferstehungserfahrungen oder Begegnungen mit dem Auferstandenen machen können, auch wenn unser Alltag angesichts vieler negativer Nachrichten wieder Krieg in der Ukraine oder im Nahen Osten,  die Klimakrise  und anderer Probleme schon wieder unösterlich ist. Wichtig ist es, dass wir uns von festgefahrenen Gewohnheiten und Perspektiven loslösen und uns auf Neues einlassen. Das können Impulse von vertrauten Menschen oder ein alt bekannten Wegbegleiter sein, ein plötzlicher Gedanke oder auch jemand , der etwas Unübliches, aber Zutreffendes sagt. All das kann uns die Augen für eine Ostererfahrung im Alltag oder für eine Begegnung mit dem Auferstandenen öffnen. 

Noch etwas zeigt diese Erzählung: Gerade, wenn wir um einen lieben Menschen trauern, können wir ihn in anderer Weise in unser Leben lassen. Die Bilder, die anfangs noch real sind, mögen mit der Zeit verblassen. Aber die Impulse und Prägungen, die wir durch diese Person erfahren haben und das, was sie so einzigartig gemacht hat, überdauert, selbst, wenn die Fotos verblassen. Wir können sagen: Das Leben geht weiter, aber das Erlebte bleibt. Diese Erfahrung wünsche ich uns allen. Mögen wir immer wieder Ostererfahrungen machen, auch wenn Ostern nur einmal im Jahr gefeiert wird.

Regina Gutt