zu Mt 5,13-16
Als mein kleiner Enkel essen lernte, durfte das Essen nicht gesalzen werden. Meine Tochter dünstete die unterschiedlichen Gemüsesorten und ohne jedes Gewürz schob Jonas sich kleine Kohlrabi- oder Möhrenstangen in den Mund.. Für ihn war das gut und richtig. Wenn ich eine der übrig gebliebenen Stangen zu mir nehmen sollte, fand ich das ziemlich geschmacklos. Meine Wahrnehmung ist an Gewürz und an Salz gewöhnt und ein gutes Essen ist für mich fein abgestimmt von den Gewürzen und vom Salz her und vor allem auch schön präsentiert, vielleicht im Licht von Kerzen oder einer schönen Tischbeleuchtung
Jesus spielt in dem Gleichnis oder Bildwort vom Salz der Erde mit diesen beiden Begriffen; Salz und Licht. Der Exeget Gerhard Lohfink geht davon aus, dass dieses Bildwort in die Jüngerbelehrung gehört. Er schreibt, dass die Jünger, die Freunde Jesu zu zweit ausgesandt oder losgeschickt worden waren, um vom Reich Gottes zu erzählen und für das Reich Gottes Zeugnis abzulegen. Nun seien sie plötzlich auf sich gestellt gewesen und das sei ihnen nicht leichtgefallen.
Als ich das las, dachte ich, diese Situation hat ja ganz viel mit uns zu tun. Wenn ich an die Zeit meiner Kindheit denke, in den 60iger und 70iger Jahren, da waren die Kirchen voll. Die einzelnen Gemeinden verstanden sich als Pfarrfamilien. Man war gemeinsam unterwegs, lebte in dieser Pfarrfamilie und stärkte sich durch diese Gemeinschaft gegenseitig. Heute gibt es keine Pfarrfamilien mehr, die jüngeren Menschen haben wir eigentlich fast komplett verloren. Nach den jahrelangen Enthüllungen zum Thema Missbrauch, denen bisher keine grundlegende Reform des Systems gefolgt ist, schämt man sich manchmal noch dazu zu gehören. „Wenn das Salz seinen Geschmack verliert, womit kann man es wieder salzig machen? Es taugt zu nichts mehr, außer weggeworfen und von den Leuten zertreten zu werden.“
Der Auftrag Salz zu sein für die Erde und Licht für die Menschen geht nicht an das Kirchensystem, sondern an jeden einzelnen von uns. An sie, sie, sie und sie und natürlich auch an mich. Wie können wir in dieser Gesellschaft, heute, Anfang 2023 für die Menschen Salz sein und Licht? Wie können wir vom Reich Gottes erzählen?
Für mich heißt das für die Menschen in Trauer da sein, ihnen einen Ort zu geben, an dem sie Kraft tanken können, sich verstehen lernen in der Trauer und neue Perspektiven für das Leben entwickeln können. Das sind keine Kirchgänger, die da zu uns kommen. Das sind Menschen in Not, die nicht weiter wissen und die um Hilfe fragen. Da ist die 16 jährige Muslima, die ihren Vater verloren hat und die 25 jährige junge Frau, deren Freund im Wahn vom Balkon gestürzt ist. Da kommen Männer und Frauen, die ihre Partner und Partnerinnen verloren haben und sich ganz neu orientieren müssen im Leben und manchmal kommen auch Eltern, die eines Ihrer Kinder verloren haben. Das sind die Situationen, die mich am meisten anrühren. Niemand wird gefragt zu welcher Religion oder Konfession er oder sie gehört. Wir, und da schließe ich ausdrücklich auch die ehrenamtlichen Begleiterinnen vom Elisabeth Café mit ein, wir sind für euch da, weil wir ein Zeichen dafür sein wollen, dass Gott mit euch geht, in eurer Not.
Das ist eine von meinen Fähigkeiten Licht in diese Welt zu bringen. Sie alle haben andere Fähigkeiten. Die Lesung aus dem Propheten Jesaja nennt sehr deutlich andere Fähigkeiten und Haltungen: Brot eilen, Obdachlose aufnehmen, Unterjochung aus deiner Mitte entfernen, auf keinen mit dem Finger zeigen und niemanden übel nachreden. – Was kann das heißen für uns? Vielleicht mal mit der Nachbarin, die mich so aufregt ins Gespräch gehen oder den Obdachlosen nach seinem Leben fragen. Vielleicht fair gehandelten Kaffee kaufen und Lebensmittel, für deren Produktion gerechte Löhne bezahlt werden. Vielleicht irgendwo ehrenamtlich aktiv werden, Flüchtlinge und Migranten unterstützen oder Gruppen und Initiativen für Menschen in Not finanziell unterstützen. Es gibt tausende Möglichkeiten Salz dieser Erde zu werden und Licht für die Welt. Dazu brauchen wir keine Pfarrfamilie, sondern Mut, Engagement und Einfallsreichtum und die Bereitschaft, sich mit all denen gut zu vernetzen, die das auch versuchen, auch wenn auf ihrem Logo nicht zwingend „Christlich“ stehen muss.
Ich glaube, wenn uns das gelingt in kleinen Gruppen mit verschiedenen Menschen an einer besseren Welt zu bauen, dann haben wir viel von dem Auftrag Jesu umgesetzt, dann können wir Salz der Erde und Licht für die Welt werden.