Hoffnungsperspektiven

Blühender Zweig (c) Monika Herkens
Von:
Beatrix Hillermann

Gerade Feiertage und insbesondere die Weihnachtstage und der Jahreswechsel sind für Trauernde schwer. Im der Hoffnungsfeier am 2. Weihnachtstag haben wir das Schwere angesehen und ganz praktische Hoffnungsperspektiven entwickelt.

Folgendermaßen haben wir diese Feier eingeleitet:

Weihnachten – das sind lauter Lichter, auf der Straße, in den Häusern, in den Kirchen, in diesem Jahr an manchen Stellen etwas reduziert, weil wir ja Energie sparen sollen. Aber dennoch sehen wir mehr Lichter als zu anderen Zeiten. Oft habe ich in den letzten Tagen Kerzen angemacht. - Konnten die Lichter sie erreichen? Berühren? Oder war es schwer – vielleicht manchmal kaum zu ertragen?

Wir sind in der dunkelsten Zeit des Jahres. Und manchmal spüren wir gerade dann, dass es nicht nur da draußen dunkel ist.

Auch heute Abend geht es um Dunkelheit und Nacht. Aber auch darum, dass nie etwas vollkommen dunkel ist.
Und die Botschaft von Weihnachten ist: Das Dunkle, was es auch ist - es bleibt nicht dunkel. In der Mitte der Nacht liegt der Anfang eines neuen Tages. Das ist das Motto, dieser Hoffnungsfeier.

Gebet:

Gott, wir kommen zu Dir mit allem, was uns bewegt.
            Mit dem, was uns froh macht und wofür wir danken können.
            Und auch mit dem, was uns belastet und traurig macht,
            gerade in diesen weihnachtlichen Tagen

Du weißt, um unsere Dunkelheiten.
            Du kennst, was uns ängstigt.
            Du siehst uns und hörst auch das, wofür wir keine Worte finden.
            Du kennst auch unsere Sehnsucht nach Licht und Klarheit.

So bitten wir Dich: Lass uns jetzt deine Nähe erfahren.
            Erfülle unser Herz mit Hoffnung und Vertrauen auf Dich.
            Schenk uns neue Kraft.    Das bitten wir im Namen Jesu, unseres Bruders und Herrn. Amen.


Nacht hat viele Dimensionen. Nacht – das ist ein Name für vieles, was ich gut kenne.

  1. Traurigkeit ist Nacht. Und traurige Schwere.

Manchmal habe ich das Gefühl, dass alle Kraft aus mir herausgeflossen ist. Ich spüre nur noch Traurigkeit und Schwere. Ich könnte stundenlang weinen und sehe überhaupt kein Licht mehr. Es ist als wenn ich in einem dunklen Loch sitze und den Ausgang nicht mehr sehe.

 

  1. Nachtdas ist auch Ratlosigkeit. Wenn ich keine Perspektive mehr erkennen kann.

Ein Mensch, mit dem ich gemeinsam unterwegs war, ist nicht mehr da. Wie soll ich den Weg alleine finden, Entscheidungen alleine treffen?
Eine Aufgabe, die mich erfüllt hat, ist weg. Wozu bin ich jetzt noch nütze?

Eine Freundschaft, die mir wichtig war, ist zerbrochen. Unaufhaltsam hat sich etwas zwischen uns geschoben… Du bist mir fremd geworden – und fehlst mir zugleich so sehr.

Und jetzt?  Ich sehe den Weg nicht mehr, den ich kenne. Sehe den neuen Weg noch nicht, der sich jetzt vor mir öffnen könnte. Nicht mal den ersten richtigen Schritt sehe ich noch….

 

  1. Nacht – so fühlt es sich auch an, wenn ich die Freude verloren habe

Eine Freundin erzählt mir, dass sie in einer Zeit großer Erschöpfung und Enttäuschung die Welt nur noch grau sehen konnte. Die Farben waren ihr verloren gegangen. Sie sah auch nur noch dunkle Töne. Helles drang nicht mehr zu ihr durch. Und wenn doch, dann lag ein grauer Schleier über allem.

 

  1. Nacht ist für mich, wenn ich Angst um die Zukunft habe.

Es lässt sich nicht leugnen: Unsere Erde, die einzige, die wir haben, unser Lebensraum ist bedroht.

Seit Jahrzehnten kenne ich die Warnungen der Wissenschaftler, die immer wieder von den Folgen des Fortschrittes und den Grenzen des Wachstums gesprochen haben. Wir haben es gehört und gleich wieder vergessen.
Nun spüren es viele: Das Gleichgewicht der Welt ist bedroht. Die Natur reagiert auf uns Menschen. Und das hat soziale Folgen. Viele radikalisieren sich.

 

  1. Am dunkelsten ist es in mir und um mich herum, wenn ich einsam bin.

Manchmal mitten unter vielen Menschen. Gerade unter vielen Menschen, wenn ich niemanden nahe bin, mit niemandem wirklich verbunden.

Kann überhaupt einer nachfühlen, was ich erlebe?

Ich würde so gerne jemandem erzählen, was mich bewegt. Aber wem kann ich mich wirklich anvertrauen?

 

Im Buch Jesaja heißt es im Kapitel 60:

1 Mache dich auf, werde Licht;
denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir!

2 Denn siehe, Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker;
aber über dir geht auf der Herr, und seine Herrlichkeit erscheint über dir.

Vor zweieinhalbtausend Jahren wurden diese Worte an das Volk Israel gerichtet, das lange im Dunkeln gewesen war. Erobert und verschleppt ins Exil nach Babylon. Und dort hatten sie festgesessen - ohne Hoffnung, je zurückzukehren zu können. Sie verzweifelten und zweifelten an Gott. Wo war er jetzt? Warum hatte er das zugelassen?

Und dann diese neue Botschaft. Dein Licht kommt – es kommt zurück.

Die lange Nacht des Exils wird ein Ende haben. Licht geht auf, ein neuer heller Morgen, Zukunft. Gott selbst kommt zurück. Sein Licht –Licht für Euch - leuchtet auf. Die Menschen spüren Rettung in ihrer Not.

„Mache dich auf und werde Licht – Denn Dein Licht kommt“, heißt es in einem bekannten Kehrvers
Diese Zusage macht Mut.

Zum einen den Mut, mit dem Licht zu rechnen.-Es kommt – es kommt mir schon entgegen. Es kommt aus eigener Kraft. Gott will uns nicht im Finstern sitzen lassen…

Und deshalb finde ich auch zu dem anderen den Mut: Nämlich selbst etwas zu versuchen. Mich dem Licht selber entgegen zu bewegen, so dass es mich leichter erreichen kann.

Ebenso wie die Nacht kann das Licht viele Gesichter haben, viele Gestalten annehmen.

Es kann ganz leise und unscheinbar näherkommen. Mit kleinen Gesten und Ritualen des Alltags. Dingen, die uns guttun. Uns an Leib und Seele wärmen, auch wenn es in uns drin kalt und dunkel ist.

Wir wollen davon erzählen, was die Nächte unserer Seele ein bisschen heller gemacht hat. 

1. Riesengroße Tasse

Kaffeebecher (c) Foto von <a href=https://unsplash.com/@curvd?utm_source=unsplash&utm_medium=referral&utm_content=creditCopyText>CURVD®</a> auf <a href=https://unsplash.com/de/fotos/LQqrvQj5rV8?utm_source=unsplash&utm_medium=referral&utm_content=creditCopyText>Unsplash</a>

Ein Becher Kaffee oder eine Tasse Tee… an meinem Küchentisch mit dem Blick aus dem Fenster und den Bildern meiner Kinder und anderer naher Menschen an der Wand neben mir. Das erdet mich. Das wärmt mich von innen. Das erinnert mich daran, zu wem ich gehöre.

2. Gedichtsammlung oder Andere Zeiten-Adventskalender

Andere Zeiten (c) Bild: Andere Zeiten e.V. In: Pfarrbriefservice.de

Ich brauche manchmal ein gutes, lebenskluges Wort, das ich aufnehmen und im Herzen bewegen kann.  Wenn es wirklich zu mir spricht, hilft es mir, meine wirren Gedanken zu ordnen, lässt mich erkennen, was wirklich zählt. Weitet meinen  Horizont und öffnet mir den Blick in die Weite und nach vorn. –

3. Keksteller

Kekse (c) Foto von <a href=https://unsplash.com/@thomasbormans?utm_source=unsplash&utm_medium=referral&utm_content=creditCopyText>Thomas Bormans</a> auf <a href=https://unsplash.com/de/fotos/FjAtrgALvlc?utm_source=unsplash&utm_medium=referral&utm_content=creditCopyText>Unsplash</a>

Manchmal tut es mir gut, etwas zu naschen. Besonders liebe ich gefüllte Plätzchenteller zur Weihnachtszeit. Sie erinnern mich immer an unser Backen und die Weihnachtszeit zu Hause früher. Das sind schöne Erinnerungen. Kerzen und ein Plätzchenteller vielleicht mit einem  guten Buch oder einen schönen Musik können mich wirklich aufheitern.  Besonders schön ist, den Plätzchenteller mit einer lieben Freundin oder einem Freund zu teilen und von unserem Leben zu erzählen, von dem, was schwer ist, aber auch von den vielen kleinen, schönen Momenten.

4. Musik Grönemeyer Mensch

Plattenspieler (c) Foto von <a href=https://unsplash.com/@jamessutton_photography?utm_source=unsplash&utm_medium=referral&utm_content=creditCopyText>James Sutton</a> auf <a href=https://unsplash.com/de/fotos/Fk6Hj4-FFWw?utm_source=unsplash&utm_medium=referral&utm_content=creditCopyText>Unsplash</a>

Der Musiker Herbert Grönemeyer hat nach dem Tod seiner Frau eine sehr schwere Zeit erlebt. In dem Adventskalender „Andere Zeiten“ vor einigen Jahren beschreibt er, dass sein Vater immer gesagt habe, gute Freunde seien das wichtigste im Leben. Diese Freunde seien für ihn gerade in der Zeit der Trauer wirklich existenziell waren. Grönemeyer hat seine Trauer auch in seinen Liedern bearbeitet. Das Lied Mensch von ihm gibt mir Hoffnung und Perspektive, weil ich spüre, dass er wirklich weiß wie es in Trauer aussieht.

5. Musik

Musik (c) Foto von <a href=https://unsplash.com/@elishavision?utm_source=unsplash&utm_medium=referral&utm_content=creditCopyText>Elizeu Dias</a> auf <a href=https://unsplash.com/de/fotos/aZ3qiq1eTRk?utm_source=unsplash&utm_medium=referral&utm_content=creditCopyText>Unsplash</a>

Musik tut auch meiner Seele gut. Beim Singen fühle ich mich frei und glücklich, aber auch das Hören von wohltuenden Melodien bringt meine Seele zum Klingen. Für mich kann das Mozart, aber auch Jazz, Rock  oder ein Liedermacher sein, ganz nach meiner Stimmung.

6. Wolldecke

Wolldecke (c) Foto von <a href=https://unsplash.com/@aminhasani?utm_source=unsplash&utm_medium=referral&utm_content=creditCopyText>Amin Hasani</a> auf <a href=https://unsplash.com/de/fotos/BXykPSgROL8?utm_source=unsplash&utm_medium=referral&utm_content=creditCopyText>Unsplash</a>

Manchmal tut es mir gut, mich in eine warme Decke zu kuscheln, mich gemütlich aufs Sofa zu legen, meine Gedanken in schönen Erinnerungen kreisen zu lassen, vielleicht Bilder zu schauen und mich warm und geschützt zu fühlen.

7. (Barbara-)Zweig

Blütenzweig (c) Monika Herkens

Blühende Zweige zeigen mir, dass Leben weiter geht. Besonders beeindruckt mich der Brauch der Barbara Zweige. Wenn wir mitten in der kalten Jahreszeit Anfang Dezember zum Barbarafest scheinbar tote Zweige in die Vase stellen, sind sie zu Weihnachten aufgeblüht. Die Zweige lassen mich spüren, dass Leben nicht zu Ende ist, auch wenn es für uns so aussieht.

8. Brief

Brief (c) Foto von <a href=https://unsplash.com/@hudsoncrafted?utm_source=unsplash&utm_medium=referral&utm_content=creditCopyText>Debby Hudson</a> auf <a href=https://unsplash.com/de/fotos/DR31squbFoA?utm_source=unsplash&utm_medium=referral&utm_content=creditCopyText>Unsplash</a>

Ich habe eine Brieffreundin. Sie ist auch eine Kollegin und wir teilen uns vieles mit – persönliches und auch berufliches und suchen den Rat der anderen.

Wir schreiben uns meistens E-Mails. Aber manchmal muss es ein handgeschriebener Brief sein. Oder eine schöne Karte. Etwas, das greifbar ist. Was wir in den Händen halten – woran wir uns ganz anderes festhalten können.

Diese Briefe und Karten sind oft ein Lichtblick – schon wenn ich sie im Briefkasten entdecke. Sie zu öffnen einen Wärmestrom. Und manchmal hüpft beim Lesen mein Herz.

Wir wünschen Ihnen Ihre ganz persönlichen Möglichkeiten, die Nächte ihrer Seele heller zu machen.

Dank an die Kolleginnen des AK Trostgottesdienst in Alsdorf, die die Texte entwickelt haben. Dank an Ulla Schellkes und Gisela Höfler-Dabew, die am 2. Weihnachtstag den Gottesdienst mit mir gehalten haben.