Auf Gutes warten – Simeon und Hannah

Haben Sie Wünsche, Hoffnungen und Erwartungen? Können Sie eine lange Zeit warten?

Darstellung im Tempel (c) Bild: Friedbert Simon In: Pfarrbriefservice.de
Von:
Regina Gutt

In unserer Lebenswirklichkeit ist das wohl weniger der Fall, da, dem Empfinden nach, Leben oft viel zu schnell verläuft. Wir warten vielleicht an der Haltestelle, in Wartezimmer, auf einen Anruf oder auf lieben Besuch. 

Die kleine Erzählung in der Kindheitsgeschichte des Lukas stellt uns Simeon und Hannah als Menschen vor, für die hoffen und warten zu ihrem Leben gehören. Die kleine Geschichte erzählt auf den ersten Blick einfach, wie Jesu Eltern als fromme Juden die vorgeschriebenen Opfer und Riten zur Geburt ihres ersten Kindes vollziehen. Jesus und seine Eltern stehen fest in der Tradition des Judentums, aber zugleich beginnt etwas Neues, wie es die besondere Begegnung mit Simeon und Hannah verdeutlicht. Beide sind spirituelle Menschen, die gerne ihre Zeit im Tempel verbringen. Das Besondere ist, dass sie nicht in der Vergangenheit leben, sondern von einer Erwartung erfüllt sind, dass Gott Neues mit ihnen und der Welt vorhat. Mit wunderbarer Altersweisheit erkennen sie das Besondere hinter dem Gewöhnlichen. Der Tempel wird voller Menschen gewesen sein. Doch als Maria und Josef mit Jesus hereinkommen, ist ihnen sofort klar, dass mit Jesus der Trost für die Welt, der verheißene Messias für alle Menschen, gekommen ist. 

Was Lukas erzählt, klingt wie ein Familienfoto: Drei Generationen treffen einander und sind offen füreinander. Simeon und Hannah sind im Greisenalter, Maria und Josef junge Eltern und das Kind Jesus auf dem Arm des Simeon in Begleitung von Hannah. Beide stehen für die jüdische Tradition und könnten als geistige Großeltern Jesu betrachtet werden. Sie erkennen aber, dass Jesus für alle Menschen in die Welt gekommen ist, als Licht für alle Menschen. Er wird die Grenzen der jüdischen Tradition überschreiten und seine Botschaft auch für Nichtjuden öffnen. Zugleich wird er durch seine Botschaft zur Entscheidung auffordern und ein Stein des Anstoßes sein, was schmerzlich sein kann, wie es Lukas durch die Segensworte des Simeon andeutet. 

In meinen Augen sind Simeon und Hannah bewundernswerte Senioren mit einer Erwartung im Herzen, einer Klarheit im Geist und voller Überzeugung, dass Gott Neues mit ihnen und der Welt vorhat. Sie haben Freude an der menschlichen Begegnung und so finden sie Gott. Zugleich machen sie Mut, Weihnachten nicht nur an den offiziellen Feiertagen zu erleben, sondern als ein Fest mit Auswirkungen auf das ganze Leben, gerade im normalen Alltag. Zugleich zeigen sie in der Offenheit für die Begegnung mit Menschen Spuren der Liebe Gottes.

Das Fest der Darstellung des Herrn oder auch Mariä Lichtmeß soll auch an die jüdische Tradition unseres Glaubens erinnern. Jesus war Jude, aber er öffnet die Grenzen der jüdischen Tradition für alle Menschen und wird damit zum Grenzgänger.  Dies haben die beiden weitsichtigen hoffnungsvollen Senioren und Hannah erkannt. 

In der Geschichte spielt auch der Segen eine zentrale Rolle. In der griechischen Originalsprache bedeutet Segen jemanden Gutes zusprechen. Damit verbunden ist die Hoffnung auf etwas Gutes, Glück, Schutz und den Beistand Gottes. Das bedeutet aber nicht, dass damit automatisch unsere Wünsche in Erfüllung gehen. Nach dem Gottesdienst wird der Blasiussegen gespendet. Dieser soll der Legende nach einem Jungen das Leben gerettet haben, als er an einer Fischgräte zu ersticken drohte. Das soll aber nicht bedeuten, dass Gott der bessere Arzt ist, sondern dass er in Jesus Mensch geworden ist und uns in allen Situationen nahe sein will, auch in den schweren.

Ich wünsche uns allen, dass wir uns von negativen Nachrichten, die immer wieder zu hören sind, nicht entmutigen lassen, sondern wie Simeon und Hannah unseren Hoffnungen nachgehen und warten können. Auch wünsche ich uns allen die Freude an Begegnungen und die Bereitschaft, als von Gott gesegnete Menschen neue Perspektiven für unser Leben zu entdecken.

Dazu gibt es schöne Gedanken von Lothar Zenetti:
Menschen, die aus der Hoffnung leben, sehen weiter.
Menschen, die für das Leben leben, sehen tiefer.
Menschen, die aus dem Glauben leben, sehen alles in einem anderen Licht.

Regina Gutt